07.05.2019 Kundgebung Stadtratssitzung

Mitte 2017 positionierte sich der Aschaffenburger Stadtrat mit der Resolution gegen Abschiebungen nach Afghanistan gegen die unmenschliche Asyl- und Migrationspolitik der EU. Der Oberbürgermeister versuchte den Beschluss später rückwirkend mit der Begründung einer mangelnden Befassungskompetenz als ungültig zu erklären.

Am 12.10.2017 schrieb Peter Freudenberger im Mainecho:

Der Streit am 3.Juli um die Resolution gegen Abschiebungen nach Afghanistan war keine Sternstunde des Aschaffenburger Stadtrats. Das Beharren des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters und der christsozialen Fraktion auf dem bürokratischen Argument, die Kommunalpolitik sei hier gar nicht zuständig, war angesichts der vielen Gegenbeispiele aus der Vergangenheit umso peinlicher, als es hier um Menschen und Humanität ging.

Heute stehen wir vor einer ähnlichen Problematik.

Am 27.02.2019 haben wir über die Kommunale Initiative den Antrag an den Stadtrat gestellt Aschaffenburg im Sinne der Seebrücke-Kampagne zum sicheren Hafen zu erklären und sich gegen das Sterben im Mittelmeer und die Kriminalisierung von Seenotrettungsorganisationen zu positionieren.

Unsere Antrag der heute behandelt wird, enthält folgende Forderungen:

Die Stadt AB spricht sich dafür aus:

-Jede Form der Kriminalisierung von Seenrotrettung zu verurteilen.

-Aschaffenburg offiziell zum sicheren Hafen, d.h. ein Ort zum Ankommen, für Gerettete aus dem Mittelmeer zu erklären.

-Die Aufnahme von Geflüchteten aus dem Mittelmeer in Aschaffenburg offensiv anzubieten und Geretteten ein Perspektive zu eröffnen.

-Die Behörden anzuweisen, alle Möglichkeiten zu nutzen, Visa und Gruppenbleiberechte für Gerettete auszustellen.

Die Verwaltung hat allerdings schon im Vorfeld angekündigt, dass sie die Behandlung der Punkte 1 und 4 ablehnt. Die Argumentation dahinter bezieht sich – wie bereits bei der Resolution gegen Abschiebungen nach Afghanistan – vor allem auf die vermeintlich fehlende kommunale Befassungskompetenz. Im Weiteren bekundet die Verwaltung ihre Ansicht, dass durch eine bevorzugte Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchteten falsche Anreize für Flucht gesetzt werden würden. Sie schreiben weiter:

Durch eine derartige bevorzugte Aufnahme von „Seenotflüchtlingen“ werden andere dazu verleitet, ebenfalls oder sogar verstärkt diesen äußerst gefährlichen Weg zu nutzen, um schneller an die gewünschten Aufenthaltsorte zu kommen.“

Diese Argumentation ist angesichts des tausendfachen Sterbens und Leids auf der Flucht skandalös, da sie sich Argumentationsmuster bedient, die an der Realität völlig vorbeigehen.

Die Vergangenheit hat gezeigt: Die Verweigerung der Rettung von in Seenot geratenen Menschen im Mittelmeer verhindert keinesfalls, dass sich mehr Menschen auf diesen gefährlichen Weg begeben. Eine Auswirkung, die aber definitiv feststellbar ist, ist das die Anzahl der Toten weiter steigt.

Es ist zynisch zu glauben, eine Verstärkung des europäischen Grenzschutzes und der Abwehr an den Außengrenzen könnte bewirken, dass Menschen nicht vor Krieg, Armut und Hunger fliehen würden. Zusätzlich wird der Klimawandel in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen, da diese faktisch nicht mehr bewohnbar sein werden.

Die europäische Politik muss endlich anfangen präventiv Vorbereitungen zu treffen und Integrationsmöglichkeiten zu entwickeln, um die vielen Menschen, die weiterhin nach Europa kommen werden aufzunehmen und ihnen ein Leben mit Zugang zu allen notwendigen Ressourcen zu ermöglichen. Dazu zählen auch das Recht auf Arbeit, Wohnen außerhalb von Unterkünften, Zugang zu medizinischer Versorgung und politischer Teilhabe.

Fangen wir an unsere Städte zu solidarischen Städten zu machen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, anstatt Milliarden in Abwehrprogramme und Abschiebungen zu stecken, welche den Tod für Tausende Menschen bedeuten.

Die Beschlüsse anderer Städte zeigen, dass es Stadträten durchaus zusteht sich auf politischer Ebene gegen die Kriminalisierung von Seenotrettung auszusprechen. Mangelnde Befassungskompetenz ist unserer Meinung nach ein vorgeschobenes Argument, um eine klare Positionierung vermeiden zu können. Wir erwarten von unserem Stadtrat unsere Interessen zu vertreten und seinen Pflichten nachzukommen.

Noch am Donnerstag haben wir auf der Kundgebung gegen die AfD-Wahlkampfveranstaltung in der Stadthalle von 51. Städten gesprochen, die sich zu sicheren Häfen erklärt haben. Seit Samstag sind es schon 54 Städte, also 3 Städte mehr in nur 2 Tagen, die sich gegen die europäische Abschottungspolitik und das Sterben im Mittelmeer positionieren. Das zeigt wie viele Menschen diese Politik für untragbar halten. Nur durch den gemeinsamen Druck der Städte wird es möglich sein Veränderungen zu schaffen und Menschenleben zu retten.

Wir wollen, dass Aschaffenburg zum 55. sicheren Hafen erklärt wird. Und wir wollen ein offenes Europa, solidarische Städte und sichere Häfen!

Kurze Kommentare aus der Petition:

weil ich es unerträglich finde, dass es keine sicheren fluchtwege gibt, sondern dass sich diese menschen auf unsichere boote begeben müssen, für die sie auch noch ein heidengeld aufbringen müssen, das teilweise auch noch von ihren angehörigen in den herkunftsländern erpresst wurde. genauso unerträglich finde ich die gefangenen- oder auch konzentrationslager in libyen, eigentlich muss es schiffe geben, die sie alle dort sofort rausholen. dass diese menschen, die dann endlich einen platz auf einem dieser unsicheren boote ergattert haben , nicht nur gefahr laufen zu ertrinken, vor unseren augen , und falls das nicht passiert , nicht an sicheres land können. Das ist doch unfassbar.

Weil alle Menschen in ihrem Leben EINEN sicheren Hafen brauchen

Weil ich es als Schande empfinde, wie unsere Politik und die der EU mit Menschen umgeht. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, Menschen zu retten. In deren Leben investieren, anstatt in Waffen und Rüstung, die das Leben noch weiterer Menschen gefährden.

Weil ich in einer lebendigen Demokratie, die sich mit dem Zeitgeschehen weiterentwickelt leben möchte und weil ich dazu beitragen will, dass die Menschenrechte als gemeinsames Gut aller Nationen auch in Zukunft ihre Gültigkeit haben.

Weil es unmenschlich ist Menschen einfach ertrinken zu lassen